Forschung
Forschungsschwerpunkte
Zentrale Themen des Lehrstuhls sind die wissenschaftlichen und technischen Herausforderungen im Bereich Mensch-Maschine-Kommunikation sowie die kognitionspsychologische Grundlagenforschung.
Themenbereich "Untersuchungen zur Lesbarkeit visueller Anzeigen"
In diesem Themenbereich erforschen wir Einflussfaktoren auf die Lesbarkeit visueller Anzeigen. Besonders interessiert uns dabei die Lesbarkeit aktueller elektronischer Anzeigen (z. B. LCDs von Laptops, Tablets oder Smartphones), die in ihrer Darstellungsqualität immer weiter optimiert werden und inzwischen hinsichtlich ihrer Lesbarkeit mit hochwertigen Druckerzeugnissen mithalten können, wie eine unserer Studien zeigen konnte (Köpper, Mayr & Buchner, 2016).
Die Lesbarkeit elektronischer Anzeigen wird unter anderem durch die Pixeldichte beeinflusst. In unseren aktuellen Studien interessiert uns, ob extrem hoch aufgelöste Bildschirmanzeigen zu einer weiteren Verbesserung des visuellen Eindrucks beitragen können oder ob hier bereits die Grenzen der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit erreicht sind (siehe Mayr, Köpper & Buchner, 2017). Ebenso untersuchen wir, inwiefern die extrem hohen Text-Hintergrund-Kontrastverhältnisse moderner Bildschirme die Informationsentnahme beeinflussen.
In weiteren Studien in diesem Themenbereich haben wir den Einfluss der Anzeigenfarbe und der Anzeigenpolarität auf die Lesbarkeit und das visuelle Erkennungsvermögen untersucht (Mayr & Buchner, 2010). Das Lesen am Bildschirm ist üblicherweise besser, das heißt genauer und schneller, wenn der Text in dunkler Schrift vor hellem Hintergrund dargestellt wird (positive Polarität) im Vergleich zur Darstellung von heller Schrift vor dunklem Hintergrund (negative Polarität). In einer Reihe von Studien haben wir die Ursachen dieses sogenannten "Polaritätseffekts" untersucht (Buchner, Mayr & Brandt, 2009; Piepenbrock, Mayr & Buchner, 2014a,b; Piepenbrock, Mayr, Mund & Buchner, 2013). In einer aktuellen Studie untersuchen wir, ob altersbedingte Veränderungen des Auges aus ergonomischer Sicht die Umkehrung des Polaritätseffektes nahelegen.
Die Ergebnisse in diesem Themenbereich sind aus ergonomischer, aber auch aus grundlagenorientierter Sicht von Relevanz. In unseren Studien verwenden wir Leistungs- und Befindlichkeitsmaße sowie Pupillometrie, um die Leseprozesse zu analysieren.
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Themenbereich "Technikunterstützte Emotions- und Lügenerkennung"
Den Wahrheitsgehalt von Aussagen korrekt beurteilen zu können, spielt in vielen Bereichen eine große Rolle – etwa vor Gericht, wo zwischen wahren und falschen, d. h. erfundenen oder verzerrten Schilderungen unterschieden werden muss, aber ebenso in sozialen und betreuenden Berufen. Sowohl die Fähigkeit, unwahre Aussagen zu tätigen, also zu lügen und zu täuschen, wie auch die Fähigkeit zur Lügenerkennung und die verbalen und nonverbalen Hinweisreize, die Aufschluss über den Wahrheitsgehalt geben können, sind Gegenstand der Forschung. Häufig zeigt sich dabei eine niedrige Erkennensleistung für Lügen, welche kaum besser ausfällt als zufälliges Raten. Obgleich es Hinweise dafür gibt, dass Training und der Einsatz standardisierter Methoden die Erkennensleistung verbessern können, stellt sich die Frage, ob nicht auch technische Verfahren geeignet sind, die Lügenerkennung zu unterstützen.
Im Themenbereich "Technikunterstützte Emotions- und Lügenerkennung" beschäftigen wir uns daher mit den psychologischen Aspekten technischer Verfahren zur Lügenerkennung und Fragen nach ihrem praktischen Einsatz.
Ansprechpartner
Susanne Mayr und Robert Luzsa
Themenbereich "Selektivität in der Nutzung von Online-Medien – psychologische Effekte und Einflüsse"
Selektive Mediennutzung beschreibt die Bevorzugung einzelner Medieninhalte gegenüber anderen – sowohl hinsichtlich klassischer Medienformen wie auch digitaler Online-Medien. Insbesondere bei Betrachtung von Online-Medien spielt Selektivität eine zentrale Rolle, da hier eine praktisch unbegrenzte Menge verfügbarer Online-Informationen beschränkten individuellen Kapazitäten gegenübersteht. Online-Inhalte zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie häufig um weitere technisch-gestalterische und soziale Hinweisreize angereichert sind, die Einfluss auf Wahrnehmung, Bewertung und Selektion des Inhalts haben können: Wählen wir aus einer Vielzahl von Inhalten den mit der größten Zahl an "Likes"? Oder vielleicht den, zu dem sich eine Diskussion mit zahlreichen Nutzerkommentaren entsponnen hat? Oder vielleicht jenen, welcher uns in sozialen Netzwerken empfohlen wurde? Oder doch den, der durch seine visuelle Gestaltung hohe Glaubwürdigkeit vermittelt? Fraglich ist, ob die Notwendigkeit zur Selektivität gepaart mit dem Vorhandensein von spezifischen Hinweisreizen zum Entstehen von sog. "Resonanzräumen" bzw. "Echo-Chambers” führt, in welchen verwandte Meinungen kontinuierlich geteilt werden und zu einseitiger Meinungsbildung beitragen. Oder erweitert und diversifiziert sich unser Informationsverhalten, weil wir durch Likes, Empfehlungen und Kommentare mit anderen Sichtweisen konfrontiert werden? Welche Rolle spielen dabei Merkmale des Online-Angebots und psychologische Merkmale des Nutzers?
Im Themenbereich "Selektivität in der Nutzung von Online-Medien – psychologische Effekte und Einflüsse" versuchen wir diese Fragen des Online-Seins aus psychologischer Perspektive zu beantworten und fokussieren insbesondere kognitive Aspekte sowie das emotionale und motivationale Erleben.
Ansprechpartner
Robert Luzsa
Themenbereich „Handlungssteuerung in der akustischen Modalität“
In diesem Forschungsschwerpunkt untersuchen wir, (1) ob bzw. wie irrelevante akustische Reize (sog. „Distraktoren“) verarbeitet werden und (2) wie das kognitive System zielgerichtetes Handeln in Anwesenheit dieser Distraktoren ermöglicht. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Frage, welche Aufmerksamkeits- und Kurzzeitgedächtnismechanismen am erfolgreichen Handeln beteiligt sind. Zu diesem Zweck greifen wir unter anderem auf das Phänomen des negativen Primings zurück, das sich in der verlangsamten Reaktion auf ein zuvor ignoriertes Objekt zeigt. Ein etablierter Erklärungsansatz dieses Phänomens ist das Modell des episodischen Abrufs. Danach wird angenommen, dass eine „Nicht auf das Objekt reagieren“-Information als Bestandteil der Objektrepräsentation aus der vorangegangenen Episode erinnert wird, wenn der vorherige Distraktor als Zielreiz im aktuellen Durchgang verwendet wird. Die Reaktionszeitverlangsamung auf zuvor ignorierte Reize wird dabei auf den Konflikt zwischen Aufgabenanforderung („Reagiere auf das Objekt“) und Gedächtnisinformation („Reagiere nicht auf das Objekt“) zurückgeführt. Bisherige Forschungsergebnisse aus unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass der Abruf der ausgeführten Reaktion aus der vorangegangenen Prime-Episode eine weitere Ursache für einen entstehenden Konflikt darstellt.
Außerdem befasst sich unsere Forschung mit der Verarbeitung räumlicher Distraktoren in der akustischen Modalität. Kernfragen sind dabei, (1) ob bzw. wie die Position ignorierter Geräusche verarbeitet (und ggf. erinnert wird) und (2) ob es zu automatischen Reaktionsvorbereitungen auf räumliche Distraktoren kommt. Unsere bisherigen Ergebnisse zum räumlichen negativen Priming in der akustischen Modalität zeigen, dass im Gegensatz zu Befunden aus der visuellen Modalität, das Reagieren auf Geräusche an zuvor ignorierten Lokationen nicht generell beeinträchtigt ist. Stattdessen scheint Lokations- und Identitätsinformation ignorierter Geräusche integriert zu werden in sog. „object files“. Nachfolgende Reaktionen sind verlangsamt, sofern sich nur ein Merkmal des Objekts – entweder die Identitäts- oder die Lokationsinformation – zwischen aufeinanderfolgenden Präsentationen ändert. Aktuelle Arbeiten mit Kopfbewegungen als natürlicher Reaktionsform auf akustische Reize zeigen aber, dass Reaktionen auf irrelevante räumliche Reize (d. h. Bewegungen in Richtung der Position der Distraktoren) vorbereitet und vermutlich inhibiert werden. Dies legt nahe, dass die Natürlichkeit der assoziierten Reaktion entscheidend dafür ist, ob Reaktionsaktivations- und -inhibitionsprozesse bezüglich der ignorierten Geräusche stattfinden. Auf Basis dieses ersten Befunds haben unsere aktuellen Forschungsanstrengungen zum Ziel, die Beteiligung von Inhibition als Mechanismus der Handlungskontrolle in der akustischen Modalität weiter zu untersuchen.