Assoziierte Promovierende
Melanie Bitzer (laufend): "Eine ethnografische Perspektivierung von Fürsorge und Verantwortung nach Erich Fromm im Arbeitsalltag von Organisationen."
In der Wissenschaftsgemeinschaft ist bisher ausgeblieben, nach dem Gelingen von Liebe im wirtschaftlichen Umfeld zu fragen, stattdessen ist immer auf den Gebrauch bzw. Missbrauch der Liebe hin analysiert worden. Damit im Untersuchungsfeld eine Orientierung möglich ist, wird mit einem normativ-heuristischen Bezugspunkt gelingender Liebe in Anlehnung an Erich Fromm ethnografisch in den Alltag von Organisationen geblickt. Für Fromm zeigt und äußert sich Liebe in den Grundelementen: Fürsorge, Verantwortung, Achtung und Erkenntnis. Als theoretischer Rahmen dienen kulturwissenschaftliche Emotions- und Praxistheorien sowie die Neophänomenologische Soziologie. Durch die Praxistheorie sind die Grundelemente der Liebe nach Fromm operationalisierbar, indem sie als Praktiken gelingender Liebe konstituiert werden. Die Neophänomenologische Soziologie lässt Erkenntnisse zum Gelingen zu.
Um eine Verknüpfung zwischen der Gegenwart und einer zu gestaltenden Zukunft zu erarbeiten, wird Sorge als gegenwärtigen Zukunftsbezug im Forschungsvorhaben formuliert. Zentral für die geplante Dissertation ist die These: Führungskräfte schaffen in wirtschaftlichen Organisationen Rahmenbedingungen und tragen dadurch Sorge, dass Mitarbeitende angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten befähigt und ermächtigt werden, ihre individuelle Potenzialität zu erkunden und sich persönlich weiterzuentwickeln. Führungskräfte begreifen diesen Ansatz als Teil ihrer unternehmerischen Verantwortung und Fürsorge, die über die Nützlichkeit für die jeweilige Organisation hinausweist.
Wird die soziale, emotionale und intentionale Arbeitspraxis in wirtschaftlichen Organisationen vor dem Hintergrund disruptiver Entwicklungen dahingehend betrachtet, inwieweit Wohlergehen, Verbundenheit, Solidarität und Entwicklungspotenziale aller Beteiligten gefördert werden, drängt sich die analytische Kategorie der Liebe auf. Sie ermöglicht die Erforschung sowohl des Kreierens von Etwas und des gleichzeitig in Verbindungseins. Hieraus ergibt sich die forschungsleitende Fragestellung nach dem Gelingen von Liebe im Alltag wirtschaftlicher Organisationen.
Als Praxisfelder dienen drei kontrastierende Organisationen aus dem Produktions- und Dienstleistungssektor. Das Dissertationsprojekt ist eine empirisch ausgerichtete Studie, in der individuelle Praktiken der Liebe und lebenspraktische Aspekte in wirtschaftlichen Kontexten im Spannungsverhältnis zwischen Faktizität, Begrenzung und Entgrenzung thematisiert werden.
Birthe Frenzel (laufend): "Nudging im Namen der Umweltsorge? – Eine ethische Reflexion auf den Schubs über die Kluft zwischen Wissen und Handeln."
Die Sorge um die Umwelt rückt vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um den Klimawandel und die ökologischen Grenzen unseres Planeten immer stärker ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung. Doch selbst Menschen mit hohem Umweltbewusstsein scheint es nicht leicht zu fallen, die Kluft zwischen Umweltwissen und Umwelthandeln zu Gunsten einer intakten Umwelt zu überwinden. Studien aus der Umweltbildung beschäftigen sich bereits seit geraumer Zeit mit Strategien zur Überwindung dieses Problems.
Einen neuen Lösungsansatz könnte die von Thaler und Sunstein 2008 veröffentlichte Strategie des ‚Nudging‘ bieten. ‚Nudge‘ bezeichnet einen Ansatz aus der Verhaltensökonomie, mit dem Menschen durch einen kleinen Schubs [engl. nudge] dazu bewegt werden sollen, die „richtigen“ Entscheidungen zu treffen, ohne dabei in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt zu werden. Mit Blick auf die Widersprüche zwischen Umweltbewusstsein und Umwelthandeln stellt sich die Frage, ob Nudging eine Lösung bieten könnte, um die Kluft zwischen Wissen, Einstellung und Handeln erfolgreich zu überwinden. Fördert es sogar die Integrität des Einzelnen, mit seinen Werten und Überzeugungen im Einklang zur eigenen Lebenspraxis zu stehen? Doch wie viel Freiheit bleibt uns tatsächlich, wenn wir mit verhaltenspsychologischen Strategien zu unserem Glück geschubst werden?
Im Zentrum dieser Dissertation steht deshalb die zentrale Forschungsfrage: Ist ‚Nudging‘ im Kontext der Umweltsorge eine ethisch legitime Strategie zur Überwindung der Kluft zwischen Umweltwissen/ -einstellung und Umwelthandeln
Kontakt