SEHE
SEHE – Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Einstellungen von Grundschullehramtsstudierenden zur Holocaust Education in der Grundschule
Bezüglich Holocaust Education fehlt es an einheitlichen Definitionen und Konzepten (Netter, 2022; Becher, 2018; Deckwerth & Leuchter, 2021), jedoch bezieht sich die Debatte um eine frühe Erstbegegnung mit dem Holocaust im Grundschulunterricht insbesondere auf die Relevanz der Erweiterung um das Hinzuziehen einer dezidiert jüdischen Perspektive durch die Auseinandersetzung mit jüdischen Biografien zu Zeiten des Nationalsozialismus (Mkayton, 2011).
Verschiedene Studien zeigen, dass sowohl Jugendliche als auch junge Erwachsene wenig Wissen und eine eher defensive Haltung bezüglich des Holocausts und des Nationalsozialismus haben (ComRes, 2018). Das Thema des Holocaust und Nationalsozialismus ist an deutschen Schulen que Curriculum relativ spät angesetzt, obwohl die Kinder mit Informationen zum Holocaust und antisemitischen Vorurteilen weit früher konfrontiert werden (Mkayton, 2018; Plank, 2020). Neben der späten schulischen Aufbereitung des Themas zeigt sich anhand der aktuellen Befundlage (deutsch-israelische Schulbuch-Kommission, 2015) außerdem, dass sich die Auseinandersetzung mit dem Holocaust oftmals ausschließlich auf den historischen Kontext und die Täterperspektive beschränkt. Gleichzeitig ist zu sehen, dass an deutschen Universitäten, vor allem in der Professionalisierung von Lehrkräften, nur ein kleines Seminarangebot zum Holocaust besteht (Tuckel, 2016; Kahle & Nägel, 2016).
Insgesamt lässt sich ableiten, dass es ein Desiderat an Seminarangeboten zur Holocaust Education gibt, die explizit für Grundschullehramtsstudierende und deren professionelles Handlungsfeld im Kontext Grundschule konzipiert sind. Daher werden an den Universitätsstandorten Passau und Erlangen-Nürnberg Seminare angeboten, die Grundschullehramtsstudierende für eine interdisziplinäre Holocaust Education in der Grundschule sensibilisieren sollen. Auf Basis des Profigrafie-Modells von Hansen (2012 & 2017) wurden Seminarkonzepte entwickelt, die die Reflexion von professionsspezifischen und biografischen Denk- und Handlungsdispositionen bezüglich der frühen Erstbegegnung mit dem Holocaust bereits in der Grundschule fokussieren.
Diese Seminare werden im Rahmen des Forschungsprojekts SEHE Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Einstellungen von Grundschullehramtsstudierenden zur Holocaust Education wissenschaftlich begleitet, indem insbesondere die Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Studierenden fokussiert werden. Dabei sollen auch Effekte der verschiedenen Seminarangebote, z. B. Blockseminar vs. fortlaufendes Seminar, berücksichtigt werden.
Folgende Forschungsfragen stehen im Fokus der Erhebung:
1. Welche Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen haben Grundschullehramtsstudierende vor Seminarantritt zur Holocaust Education in der Grundschule und wie hängen diese zusammen?
2. Wie verändern sich Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Grundschullehramtsstudierenden zur Holocaust Education in der Grundschule im Verlauf des Seminars?
Um die Forschungsfragen beantworten zu können, nehmen die Studierenden vor und nach dem Seminar an einer Online-Befragung teil (Prä-Post-Design). Die Studierenden werden über eine vierstufige Likertskala (1 - 4) zu ihrer Einstellung und Selbstwirksamkeitsüberzeugung sowie über eine offene Teilfrage zu ihrer Motivation der Seminarteilnahme befragt. Die Skalen zur Erfassung der Einstellung und Selbstwirksamkeitsüberzeugung basieren auf Items von Deckwerth und Leuchter (2021), wobei diese angepasst und zusammengefasst wurden. Eine erste Pilotierungs- und Erhebungsphase hat ergeben, dass die Reliabilitäten der Skalen in einem guten bis sehr guten Bereich liegen und nach kleinen Anpassungen für die Hauptstudie genutzt werden können (Skala Einstellung ⍺ = .80; Skala Selbstwirksamkeitsüberzeugung ⍺ = .87).
Die Erhebung erfolgt seit dem Sommersemester 2023, wobei die Daten über mehrere Semester hinweg erhoben werden sollen, um die Repräsentativität der Stichprobe zu gewährleisten. Außerdem sind für das weitere Vorgehen Gruppendiskussionen mit den Studierenden der Seminare geplant, um kausale Erklärungen von Veränderungen in den Einstellungen der Studierenden zu erhalten.
Projektverantwortliche
Prof. Dr. Christina Hansen, Dr. Kathrin Eveline Plank - Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit | Universität Passau |
Prof. Dr. Sabine Martschinke, Leonora Gerbeshi - Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik mit dem Schwerpunkt Umgang mit Heterogenität | FAU Erlangen-Nürnberg |